Porto - Sightseeing!

 

Mein erster Selfy-Versuch. Naja gut, so wirklich das Wahre ist es noch nicht, Porto im Hintergrund nur ganz schlecht zu erkennen und an einem entspannten Gesichtsausdruck muss ich auch noch arbeiten, aber gut, es ist noch kein Selfy-Meister vom Himmel gefallen. Und mal ganz ehrlich: Diese komischen Selfy-Sticks sind ziemlich nervig - also eigentlich nicht die Sticks selbst, sondern die Stickisten. Heideröslein!, man muss doch nicht jede schöne Aufnahme mit seinem Antlitz verderben!

 

 

Wir sind also in Porto angekommen und ein Parkplatz war auch ganz schnell gefunden! - Neinneinnein, wir sind freilich nicht mit dem Auto gekommen. Diese Zeiten, wo wir mit dem Auto fahren, weil wir uns mit dem Camino unsicher sind, sind lange vorbei. Genauso lange, wie es vorbei ist, dass wir pilgrimwatching machen wollen. Wir sind inzwischen Pilger geworden mit allem, was dazu gehört: Blasen, Schmerzen, Lachen, Fluchen, gemeinsamen Nächten in Vielbettgelegen und zwischendurch mit dieser Sehnsucht nach dem Weg, den ganz viele Menschen genau kennen.

 

Die ersten beiden Nächte unseres Caminos haben wir uns in ein Doppelzimmer eines Hostels eingebucht, dass total klasse direkt im Zentrum liegt. Wenn wir den Zentralweg gehen wollten, würde ich sagen, wir können quasi direkt auf ihn drauffallen. Aber wir haben uns ja den Küstenweg vorgenommen ... auch nicht schlimm, denn zu dem müssen wir uns quasi nur rollen lassen.

 

 

Aber das ist ja erst morgen: Heute wollen wir uns erst einmal ein bisschen in der Stadt umschauen, von der alle, die schon dort waren, total begeistert sind. - Ich bin da ja eher ein bisschen skeptisch. Hallo!, ich bin selbst Pilger und kenne das Pilgerlatein! ... Heute muss ich ein bisschen mit meiner Fußspitze Löcher in den Boden puhlen und bin ganz reumütig: Diese Stadt ist einfach liebenswert. Selbst der Regen, der uns anfangs immer wieder überfällt, ist irgendwie ... so ein bisschen rosarot.

 

Freilich beginnen wir unseren Stadtbummel an der Kathedrale und treffen auch gleich auf unseren ersten Pilger, der darauf wartet, dass sie geöffnet wird und er seinen ersten Stempel bekommt. Er kommt aus Brasilien und ist total glücklich, dass er vorerst in seiner Muttersprache verstanden wird.

 

Die Kathedrale hat mir sehr gut gefallen - besonders der Kreuzgang mit den uralten Azulejo-Arbeiten. Auf diese wunderbaren und oft total filigranen Kunstwerke auf Fliesen stößt man in Portugal alle naselang. Ich war immer wieder ganz hin und weg von ihnen.

 

In der Kathedrale gibt es auch den ersten Stempfel für unser Credencial - nur leider nicht sonntags morgens. Aber das erfahren wir erst morgen und müssen ihn uns dann in der Touristeninformation geben lassen. Aber ich denke, es ist der Gleiche.

 

 

 

Vor der Kathedrale steht dieser wunderschöne Pelourinho, der Schandpfahl ... wobei ich gestehen muss: Hätte ich an ihm angebunden gestanden und wäre von den Bewohnern der Stadt beschimpft, verhöhnt, geschlagen, getreten und mit ... allem Möglichen beworfen worden, hätte ich ihn garantiert nicht schön gefunden.

 

Ihr seht, dass der Himmel blau ist. Das war an diesem Tag einer der lichten Momente, von denen wir nicht allzu viele hatten. Entsprechend viel Zeit haben wir in Kirchen verbracht, um zu warten, dass es mal gerade nicht regnete und wir - schneeelll!!!! - das Gotteshaus wechseln konnten. Andererseits muss ich sagen: Wäre draußen das Wetter besser gewesen, hätte ich mir nicht alles so genau angeschaut und wahrscheinlich ganz viel nicht gesehen.

 

 

Vor der Kathedrale finden wir an der Wand diese beiden Pfeile. Den gelben kennt ihr ja schon aus meinen Blogs und Büchern: Das ist der Wegweiser für nach Santiago de Compostela, für den Jakobsweg. Der blaue steht für den Pilgerweg nach Fátima und zeigt exakt gegengesetzt, eben einfach darum, weil Fátima exakt gegengesetzt liegt.

1147 wurde die Region um den Wallfahrtsort im Zuge der Reconquista, der Rückeroberung, aus maurischen Händen wieder unter das christliche Kreuz gebracht. Fátima, die schöne Tochter eines maurischen Fürsten, benannt nach der Tochter Fátima des Propheten Mohamed, wurde dabei entführt, an den Grafen von Ourém verkauft, verliebte sich in diesen, ließ sich christlich taufen und heiratete ihn. Nach ihrem Tod benannten ihre Nachkommen den Ort ihrer letzten Ruhestätte nach ihr.

 

Ähnlich wie in Lourdes kommen Wallfahrer dorthin und hoffen auf wunderbare Heilung. Es wird davon berichtet, dass am 13. Mai 1917 drei Hirtenkinder, Lúcia dos Santos, Jacinta und Francisco marto, auf dem Feld die Muttergottes erschienen sei und ihnen aufgetragen habe, künftig an jedem 13. eines Monats hierher zurückzukommen. Die Kinder schworen sich, dieses Geheimnis für sich zu behalten ... was Jacinta allerdings nicht so wirklich hinkriegte. Als sie sich am 13. Juni wieder auf zum Feld machten, waren sie logischer Weise nicht allein. Wer wollte es sich schon entgehen lassen, Maria selbst zu sehen und vielleicht einen kleinen Plausch mit ihr zu halten. Und es wurden von Monat zu Monat mehr. Für den 13. Oktober kündigte die Erscheinung dann ein Wunder an und - schwups! - tümmelten sich Zehntausende von Menschen auf dem Feld und wurden Zeuge, guckten in eine silberscheibene Sonne, die sich wie ein Feurrad drehte. - Ha!, ein Schelm, der dabei Böses denkt: Das war garantiert eine Sonnenfinsternis! ... habe ich gedacht, aber die gab es an diesem Tag nicht. Weil es aber so viele Zeugen für dieses Ereignis gab, wurde es am 13. Mai 1930 vom Bischof von Riria als "glaubwürdig erklärt und die öffentliche Verehrung Unserer Lieben Frau von Fátima gestattet".

 

Auf die Geheimnisse, die die Erscheinung den Kindern drei Monate zuvor, also am 13. Juli, mitgeteilt haben soll, möchte ich nicht weiter eingehen. Ich könnte ihre Texte hier hereinkopieren (die findet ihr aber auch im Internet) und damit wäre es auch schon vorbei mit meiner Weisheit. Ich bin zwar katholisch, aber halt einfach nur für den Hausgebrauch. Und wir wollen ja auch nicht nach Fátima, sondern nach Santiago!

 

Habt ihr's bemerkt? - Vor lauter Geschwafel sind wir durch die Altstadt hinuntergestiegen an den Fluss und stehen auf der Praca da Ribeira.

:D Hier muss ich eine kurze Einfügung in eigener Sache machen:

Im Portugiesischen und Spanischen gibt es Sonderzeichen: Hühnerzehen unter dem c, Schruddel über dem n und a .... Die gibt es hier im Programm beim Direkthineinschreiben nicht. Seht es als Herausforderung und schickt mir am Ende des Blogs eine Nachricht mit der Anzahl der Fehler - dann weiß ich, dass ihr wirklich alles genau gelesen habt! :D

 

 Und - schwups! - sind wir in der Igreja Sao Francisco, in der dringendst darum gebeten wird, das Fotografieren zu unterlassen. Ich gestehe, ich konnte es nicht ganz sein lassen. Ich wollte wenigstens ein bisschen von diesem Gefühl, wie ein Vogel im sprichwörtlichen einem goldenen Käfig zu sitzen, einfangen, zumal die Kirche, wenn man sich einmal das ganze Geschimmer wegdenkt, einfach nur schön ist mit Schnitzereien ... da blieb mir die Luft weg!

 

Schaut euch doch mal diesen Lebensbaum an und denkt euch dabei das Gold einfach mal weg: Ist der nicht halsknödelig? - Also ich meine jetzt zumindest so weit, als er auf diesem Foto zu erkennen ist. Ich habe eine Ewigkeit vor ihm gestanden ... was gar nicht schlimm war, weil es draußen eh gerade mal wieder regnete.

 

Auf dem Platz vor dem Torre dos Clerigos gibt es einige richtig schnuckelige Spezialitätengeschäfte uuund hier hängt der Bacalhau als Zierde über der Tür. - Ich gestehe, ich habe ihn nicht probiert, obwohl das für in Portugal sein schon fast eine Sünde ist, aber ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass man bei seinem Genuss nicht einfach nur eine Salzvergiftung bekommt oder er vom langen einlegen nicht wässrig wird und gar nicht mehr nach Fisch schmeckt. Tut mir leid, der ging einfach nicht an mich. Und irgendwie fehlt mir so direkt am Meer mit all den leckeren Sachen, die eine halbe Stunde vor dem Kauf noch zappelten (hört sich ja gemein an - tschuldigung!) die portugiesische Euphorie zum Verzehr getrockneten und in Salz erstarrten Fisches. Ich bin halt einfach zu deutsch für diese große portugiesischen Liebe ...

 

 

 

... aber auch nicht deutsch genut, beim Anblick von Kreppeln mit Puddingfüllung (ach so, für Nichthessen: Krapfen, Berliner; für Wissedäler: Faastnachtsküchlin) völlig aus dem Häuschen zu geraten. Also wenden wir uns lieber dem höchsten Kirchturm Portugals zu, dem Torre dos Clérigos, aber nur kurz, weil ich ein bisschen ungeduldig bin: Ich weiß nämlich, dass es hier gleich um die Ecke einen total tollen Buchladen geben soll, auf den ich ganz wuschig bin:

 

 

 

 

Livraria Lello - nee, Kinders, ist die Klasse! Ich habe ja schon viel erwartet und dachte, ich bin hinterher bestimmt enttäuscht. Aber so etwas kann man nicht erwarten und es ist noch viel schöner, als ich es mir vorgestellt habe. Ich kann es mir nicht verkneifen, ich gucke wirklich bei den Verkäufern genau auf die Ohren, ob die nicht nach oben ein bisschen spitz zulaufen, denn ich komme mir wirklich vor wie bei Gringotts. Es gibt sogar Schienen auf dem Boden! Und die Treppe bewegt sich zwar nicht, aber sie ist ein echtes Sahnestückchen für sich  allein. Der Hammer! Wenn ich einmal gaaanz viel Geld habe, dann wünsche ich mir ein Häuschen mit genau so einer Treppe! Oder ein Häuschen in Porto, damit ich jeden Tag in diese Buchhandlung gehen kann! Die ist so schön!

 

 

Ach, Kinders, ich liebe diese Stadt einfach! Ich bin schon ein bisschen traurig, dass wir nur einen Tag zum Gucken haben.  Aber morgen marschieren wir los auf unseren Camino und darauf freue ich mich auch schon wie Hecht- ... nee, wie Bacalhausuppe!