Porto - Angreiras

 Also gut, nun soll es also losgehen, also gehen wir los .... und haben auch schon gleich ein Problem, denn die gelben Pfeile, führen nicht dahin, wo wir hinwollen, sondern in einem Bogen wieder hinauf in die Straße, von der wir gerade losgelaufen sind. Aber das ist gar nicht weiter schlimm, denn wir wissen, was wir wollen: Sand, Strand und Meer! Also lassen wir die Markierungen rechts liegen und gehen erst einmal hinunter zurr Igreja de São Francisco. Und ich gestehe: Es knibbelt mir schon seit gestern in der Nase, als ich sie zum ersten Mal sah und dachte: Wow!, das ist ja eine Cablecar wie in San Francisco! Mit der möchte ich unbedingt einmal fahren!

 

Jajaja, ich weiß, eine Pilgerreise mit schummeln anzufangen ist schon etwas komisch. Aber mal Hand auf's Herz: Wer könnte bei diesem Anblick nicht in romantischen Gefühlen versinkend alle "moralischen Bedenken" einfach über Bord werfen? Und wir pilgern uns ja nicht aus einer Notwendigkeit heraus durch einen Berg von Vorschriften und Reglemtierungen, sondern ganz im Gegenteil: Wir pilgern, weil es uns guttut, uns Spaß macht und wir eben all diese Musses, Verpflichtungen, Bedenken, Regeln einfach einmal für eine gewisse Zeit hinter uns lassen möchten.

Ich glaube, das ist eines der Dinge, die ich sehr genieße: Beim Pilgern gibt es kein "das tut man nicht" und "man muss doch" und "du wirst aber später" - beim Pilgern gibt es nur diesen einen Moment ... und die Hoffnung auf eine möglichst bald kommende nächste Bar und ein Bett in der Herberge.

Ab der Endstation geht es erst noch eine ganze Weile an der Promenade entlang, über eine Brücke und quer durch einen Ort, weiter am Meer entlang und an eine Touristeninformation, in der es einen Stempel gibt. Ich muss doch mal ein bisschen schmunzeln, denn die Dame ist furchtbar nett, gibt uns ganz viele Informationen über den Küstenweg und zeigt uns auf einer Karte ganz genau, wo die "Holzpranken" verlaufen. Ich muss ein bisschen schlucken, damit ich nicht laut loslache, denn ich mag sie ja nicht verletzen. Sie gibt sich wirklich alle Mühe und kramt all ihre Deutschkenntnisse heraus, aber ich muss gerade daran denken, wie ich einmal unserem amerikanischen Nachbarn sagte, er könne in der Sauna ja sein "tail around your hips" schwingen, anstatt sein towel. Während die Amerikaner ein bisschen amüsiert waren, lagen unsere deutschen Nachbarn schier auf dem Boden vor lachen. Ganz lange später fragte Mary mich dann einmal, warum die da so gelacht haben. Kinders!, wie sollte ich das erklären?

 

Ein anderes Mal sollte ich als Trauzeugin bei einer Hochzeit übersetzen. Ich wusste genau, dass "waitress" nicht Zeuge heißt, aber dieses blöde "whitness" ist mir um nix in der Welt eingefallen. Der englischsprachige Hochzeitsgegner war zwar ein bisschen überrascht, was Kellner auf einem Standesamt zu suchen haben, aber am Ende haben alle brav unterschrieben und die Ehe war unter Dach und Fach gebracht.

 

 

 

Findet ihr Geschichten auch so schön? - Ich liebe sie! Mich mupfelt es immer nur, wenn ich sie erst zu Hause herausfinde, wenn ich am PC sitze, texte und recherchiere. Dann kann ich nicht noch einmal eben in die Kirche oder auf die Brücke gehen und noch einmal nachgucken. Ich nehme sie dann immer als Anstupser, den Weg noch einmal zu gehen und ihn mir mit anderen Augen anzusehen. Blöd ist nur, dass ich, wie jetzt, erst so spät mit meinem Bauchfüßler fertig bin, dass ich das erst im nächsten Jahr machen kann.

 

Andererseits ist es eine total tolle Sache mit dem Texten und Schreiben und Suchen, weil ich ganz oft auf Dinge stoße, die einfach nur klasse sind.


 

Diese Kapelle z. B.  steht an der Stelle, an der die Fugur des Bom Jesus an Land gespült wurde. Dazu habe ich - leider erst, als ich wieder daheim und am Recherchieren war - eine nette Geschichte gefunden, die ich in meinen Bauchfüßler gepackt habe und jetzt einfach hier hereinkopiere:

 

 

 

Als Joseph Arimathea und Nikodemus, beide Anhänger von Jesus, die sich mit ihm so manche Nacht über religiöse Fragen diskutierend um die Ohren schlugen (die Nächte galten für Rabbi­ner als die beste Zeit, über wichtige Glaubensfragen zu sinnieren),  dessen Leichnam vom Kreuz nahmen, prägte sich Nikodemus, der ein begna­deter Holz­schnitzer war, die Ge­sichtszüge seines Herrn ein und ver­ewigte sie in einer Skulptur. Noch bevor er sein Werk vollen­det hatte, ihm fehlte noch ein Arm, hörte er draußen verdächtige Geräusche und warf aus Angst die Figur und mehrere Kruzifixen weit hin­aus aufs Meer. Den Arm stellte er später fertig und warf ihn in die glei­che Richtung. 93 Jahre lang trieb die Figur über das Mittelmeer, durch die Enge von Gibraltar und immer weiter in den Westen, wo sie schließ­lich am 3. Mai 124 in Matosinhos an Land gespült wurde. 50 Jahre später kam auch der Arm geschwommen und konnte angefügt werden.

 

 

Und dann kommen sie wirklich:

 

DIE STEGE!!!!!

 

 

 

 Kinders, ich sage euch: Dieser Weg ist wie Urlaub, alles riecht und schmeckt nach Sand, Strand und Meer!

 

Ich habe mich ja im Vorfeld viel über den Camino portugues de la Costa informiert und dachte mir schon, dass es ein richtiger Urlaubscamino ist, aber dass es so schön ist .... !

 

Ich genieße jeden Schritt. Für mich ist das gerade ein bisschen MEIN Camino: Thomas ist bei mir, wir wissen uns gegenseitig unsere Freiräume zu lassen, ich bin mal ein Stück vor, mal ein Stück hinter ihm, gehe, wenn ich mag, bleibe stehen, wenn ich mag und hüpfe, wenn ich mag (aber nicht sehr hoch, weil ich mit meinem Rucksack keine großen Sprünge hinkriege). Ich bin einfach nur entspannt und ... Ach, Kinders, es ist einfach großartig! Ich liebe das Meer sowieso und hier ist so ... viel davon!

 


Und das hier ist abends auf dem Campingplatz, der in Angreiras ein bisschen eine Herberge ersetzt.

 

Nun ratet: Was ist das? .... Na? .... Habt ihr keine Idee? ... Ist doch ganz einfach:

 

Pilgrim in the box!