Angreiras - Póvoa de Varzim

 


Nachdem wir gut gefrühstückt haben, geht es weiter und schon bald wieder über Holzstege. Die sind so schön! Das Meer ist so nah! Die Luft riecht so gut nach Salzwasser! - Ach Kinders, pilgern kann so traumhaft sein!

 

Lach! Ich muss gerade an Johannes denken, der mir einmal sagte, ich wäre immer so überschwenglich und würde alles als so schön und toll und wunderbar beschreiben. Aber, Brüderchen, was so ist, ist nunmal so: Es ist einfach nur schön!

 

In Azurara müssen wir ein Stück in Richtung Landesinneres hinaufrutschen, um die Kurve zur Brücke über den Rio Ave zu kriegen, auf dessen anderer Seite Vila do Conde liegt. Dort stupfeln wir erst noch zum Kloster Santa Clara und dem uralten Aquädukt hinauf und fallen dann ungestüm über die nächste Bar her.

 

Eine Pilgerin von Angreiras kommt da ihres Weges. Sie biegt hier auch auf den Zentralweg ab und ich bin noch einmal ein bisschen traurig. Aber um alle anderen wiederzutreffen, müssten wir hier auch auf den Camino Central wechseln, und ... neeeiiin, das wollen wir nicht!

 

 

 

 

Ihr habt keine Vorstellung davon, wie sich eine Tasse Kaffee auf das Sehvermögen auswirken kann! Wir haben jedenfalls echte Probleme, die gelben Pfeile zu finden. Vielleicht wollen wir sie aber auch einfach nicht sehen, weil sie von hier tatsächlich über Straßen weiter rechts des Meeres entlangführen und das ist ja nunmal gar nicht das, wo wir laufen wollen. So stackeln wir ein bisschen planlos in der Gegend herum und werden prompt lachend von einer Dame angesprochen: Der Camino ginge also, wie gesagt, obenherum, aber viel schöner sei es, am Meer entlangzulaufen. Ha!, das haben wir auch schon gedacht, ignorieren den gelben Pfeil, der nach rechts zeigt, und stupfeln - tarammtarammtaramm! - nach im Schweinsgalopp nach links, bevor es jemand oder ein Pfeil merkt und uns wieder einfängt. Da ist zwar auch nur eine Straße, aber die geht am Meer entlang und hat nur auf uns gewartet!

Mal ganz ehrlich?: Wenn ich nach vorne gucke und Póvoa de Varzim vor mir sehe, erinnert es mich an Lugo mit seinem Haifischgebiss, das nur darauf wartet, mich aufzufressen. Aber es verändert sich Schritt für Schritt: Die Hochhäuser werden kleiner und verschwinden immer mehr hinter den den "normalen" Gebäuden. Jetzt muss ich mehr an Jim Knopf und den Scheinriesen denken, der wird auch immer kleiner, je näher man kommt.

 

Am Ende ist es eine ... Fischerstadt - es fehlt im die Heimeligkeit eines Dorfes, der Charme der bunten Hütten, aber es ist auch längst nicht so grauselig groß, wie es von weitem aussah  - das heißt, das ist es wahrscheinlich schon, aber nur versteckt und weiter hinten, aber da gehen wir ja nicht hin.

  Wir bleiben ja hier vorne und ich bin erst einmal völlig von den Socken von der Azulejo-Wand dort. Schaut euch das doch einmal an! Da fühlt man doch schier den Sturm und die Verzweiflung der Menschen, die am Strand stehen und zusehen müssen, wie die Boote ihrer Liebsten draußen auf dem Meer hin und her geschaukelt werden!

 

Die Herberge haben wir auch ganz bald gefunden und machen dann noch einen kleinen Bummel durch die Stadt. So ein bisschen auslaufen tut gut, aber für einen längeren Spaziergang ... Ach, wir setzen uns lieber noch ein Weilchen an die Promenade und gucken aufs Meer.


So richtig Pilgergefühl ... ich glaube, das haben wir noch nicht, weil 1. sind alle von gestern Abend ja nun woanders und 2. liegen wir alleine in einem 6-Bett-Zimmer. Das ist zwar auch schön, aber es kapselt uns einfach ab. Im zweiten Schlafraum sind auch Pilger, aber von denen kriegen wir nur die Wanderstiefel im Schuhregal zu Gesicht.

 

Aber wir müssen uns eh erst noch wieder an das lange Laufen gewöhnen und sind am Abend müde wie die Gänschen.