Póvoa da Varzim - Esposende/Marinhas

Zum Glück stolpern wir gleich nach dem Loslaufen kaffeedurstig in eine Bäckerei, weil sonst hätten wir unterwegs echt ein kleines Problem, denn die nächsten Kilometer sind sehr ... trocken. Dafür dürfen wir aber vorerst noch einmal über die Stege scharwenzeln, bevor der Weg unmittelbar vorne am Wasser endet und wir ein wenig zurückgesetzt über mehr oder weniger befestigte Fahrwege weiterpilgern.

 

 An der Kirche von Apúlia machen wir Rast, denn dort hat es Schatten, eine Toilette und einen Wasserhahn. Was will man als Pilger mehr? ...  außer vielleicht ein Stück Torte, ein groooßes Eis mit Schlagsahne und eine riesige Tasse Kaffee?! Hallo! Pilger sind genügsam, suggeln an ihrem Leitungswasser, knabbern hingebungsvoll ihre Kraftnüsschen und Äpfel und lassen statt Zucker eine Banane auf der Zunge zerschmelzen. - Hatte ich schon erwähnt, dass es Menschen gibt, die mich bereits mein Leben lang kennen und mich dennoch für überschwenglich halten?

 

Unterhalb der Kirche von Fao finden wir dann auch endlich eine Bar, auf die wir im Laufschritt zustürmen und gleichzeitig kalte und heiße koffeeinhaltige Getränke bestellen - für isotonische Kaltgetränke ist es noch ein klitzekleines bisschen zu früh, schließlich ist es noch ein Stück zur Herberge.

 

Und nach der Bar finden wir das hier: Eine richtig schöne, alte Telefonzelle in Alarmrot mit Stempeln je nach Ziel für den Caminho de Santiago bzw. Fátima. Ist das nicht lieb?! Oh, ich mag solche Dinge, die sagen mir einfach: Pilgerlein, wir freuen uns, dass du da bist! Und das von fremden Menschen in einem fremden Land! Was für ein schönes Gefühl! 

       

Nun brauchen wir nur noch über die Brücke zu gehen und sind - schwups! - auch schon in Esposende.

 

Auf dem Platz vor der Kirche ist gerade so etwas wie ein Altennachmittag (ich weiß, dieser Ausdruck ist politisch nicht korrekt und ich müsste "Nachmittagsveranstaltung für Seniorinnen und Senioren" schreiben, aber ich krieg, wenn ich solche Formulierungen höre, immer ein bisschen krussel und frage mich, was man mir bei all dem Honig noch so alles um den Mund schmiert. Es ist doch so, dass wir alle älter werden und erst ganz jung, dann jung, dann mittelalt und irgendwann alt sind - und was wäre die Alternative dazu? - Na bitte, dann doch lieber alt!) und diese Damen tun lautstark was auch immer kund, während sie an den Netzen herumfummeln. 

 

Wir stupfeln ein bisschen voneinander entfernt durch die Fußgängerzone, weil ja immer entweder ich stehen bleibe, um etwas zu begucken, oder Thomas. Prompt frisst sich da ein Portugiese einen kleinen Narren an mir, spricht mich auf deutsch an und sabbelt mir die Ohren voll: Er habe früher in Deutschland gelebt und gearbeitet, sei dann wieder hierher zurückgekommen, seine Eltern seien verstorben (er ist bestimmt gut über 40!) und er lebe jetzt alleine in deren Haus ... ob ich schon eine Unterkunft für die nächste Nacht hätte? - Hallo! Ähm, Moment, mein Mann ist ja doch genau ... Ich gucke mich um, erhasche von ihm aber gerade noch ein letztes Zipfelchen, bevor auch das in einer Apotheke verschwindet. Na bravo! Das ist ja jetzt mal wieder typisch! Nie ist er da, wenn man ihn braucht! - Meine Lieben, wäre Thomas der letzte, edle Ritter gewesen, der auf feurigem Ross die letzte, holde, liebliche Königstochter hätte von einem Drachen retten sollen - die Monarchien dieser Welt wären ratzfatz ausgestorben! Also nuschele ich nur noch schnell, dass ich mal eben nach meinem Mann gucken muss, von dem ich gerade noch nicht einmal beweisen kann, dass es ihn gibt, verschwinde ebenfalls in der Apotheke und verlasse die erst, als ich mir ganz sicher sein kann, dass die Luft rein ist.

 

Ich weiß ganz genau, dass wir an einem Krankenhaus vorbeigegangen sind, weil ich da noch dachte, dass ich mir das für meinen Bauchfüßler merken muss. Ärzte und Apotheken hatte ich, so ein bisschen großkotzig, wie ich bin, weil ich sie nie gebraucht habe, nicht in meinen Pilgerführern berücksichtigt. Dann war ich letztes Jahr in Friol, die Türe ging auf und herein kam ein sehr lieber Pilgerbekannter, der extra mit dem Bus noch einmal ein gutes Stück zurückge-fahren ist, um mich zu treffen und mir eine Tüte Gummi-bärchen zu bringen, die er eigens für mich einmal quer durch Spanien geschleppt hatte. Weil es auf dieser Route des Camino Primitivo nur diese Übernachtungsmöglichkeit gab, konnte er sich sicher sein, mich hier zu treffen. Leider hatte er unterwegs einen ziemlich hässlichen Stolperunfall und sah reichlich zerzusselt aus. Und da dachte ich, dass ich Ärztehäuser und Apotheken unbedingt einbauen muss!

Also weiß ich ganz genau, dass ich an diesem Krankenhaus vorbeigegangen bin, aber eine Markierung habe ich absolut nicht gesehen ... und alle anderen, die wir in der Herberge treffen, auch nicht. Darum hier ganz dringend der Hinweis: Wenn ihr euch überlegt, diesen Weg zu gehen,

 

BIEGT AM KRANKENHAUS LINKS AB ZUM MEER HINUNTER!!!!

 

Wir sind alle die vielbefahrene Landstraße entlanggedackelt und die war nur hässlichhässlichhässlich!

Ihr habt es schon herausgelesen: Wir schlafen heute in einer Herberge zusammen mit ganz vielen anderen und kriegen wieder Anschluss an unsere Mitpilger. Und das ist fein! Das hat mir einfach ein bisschen gefehlt in diesen ersten Tagen.

 

 

So sitzen wir feuchtfröhlich bei Wein vor der Herberge und tauschen uns aus, als plötzlich eine Prozession mit ganz vielen Maria-Figuren an uns vorüberzieht. Das macht schon ein bisschen Gänsehaut. - Das Bild ist auch ein bisschen unscharf, weil ich es so unauffällig wie möglich aus der Hüfte heraus geschossen habe.